Mythos Gotthard-Tunnel: Der Jahrhundertbau
“Vor der Hacke ist es duster.” 17 Jahre lang war es dunkel, heiß und gefährlich. Tausende Bergarbeiter haben ihr Leben unter Tage verbracht, um den längsten Eisenbahntunnel der Welt zu bauen. Mitten durch den Gotthard, mitten durch die Schweizer Alpen. Zwei Röhren, jeweils 57 Kilometer lang, und über den Köpfen der Bergarbeiter die beeindruckende Felsmasse von bis zu 2300 Metern. Würde das Dach halten, bei der nächsten Sprengung, bei Wassereinbruch und Bergschlag?
Der Ingenieur Beat Blindenbacher war 14 Jahre lang für das Unternehmen Strabag Baustellenleiter auf der Nordseite des Gotthard-Basistunnels. Der Höhepunkt seines Berufslebens, das steht für Blindenbacher fest, waren die Jahre am Gotthard-Basistunnel.
Mit 57 Kilometern Länge wird der Gotthard vorerst der längste Eisenbahntunnel der Welt sein – doch insgesamt umfasst das Projekt sogar 151,8 unterirdische Kilometer. Da sind die Röhren in beide Richtungen, jeweils mit einem Durchmesser von 8,5 bis 13 Meter in den Fels geschnitten. Dazu kommen alle 330 Meter die 40 bis 70 Meter langen Quertunnel – aus Sicherheitsgründen: So können Menschen im Katastrophenfall in die Nachbarröhre flüchten. Außerdem gibt es für diesen Zweck auch noch die beiden sogenannten Multifunktionsstellen in den Orten Sedrun und Faido.
Aus dem Fels gesprengt wurde gut ein Drittel der Gesamtstrecke, bei teils extremen Bedingungen: “Die Felsen in der Tiefe haben eine Temperatur von 45 Grad Celsius und die haben natürlich auch die Umgebung erwärmt.
Vier gigantische Bohrmaschinen, jeweils bis zu 2700 Tonnen schwer und so lang wie vier Fußballfelder hintereinander, erledigten einen Großteil der Arbeit. Die 400 Meter langen Aggregate des süddeutschen Herstellers Herrenknecht kamen unter idealen Bedingungen bis zu 40 Meter am Tag voran – und sorgten so für den Bau von 64 Prozent des Tunnelsystems. Das lief allerdings nicht immer problemlos: Eines der Aggregate (“Gabi 2”) steckte fast ein halbes Jahr fest, nachdem es verschüttet worden war. Ein anderes (“Sissi”) musste vier Monate eingeklemmt pausieren – doch im Jahr 2010 machte genau dieses Bohrgerät den Tunneldurchbruch perfekt.
28,1 Millionen Tonnen Material kamen innerhalb von sieben Jahren Bauzeit zusammen, die aus dem Berg gebracht wurden. Zwei Drittel wurden zu Schotter zerkleinert und als Baumaterial verkauft, mehrere kleine Inseln wurden im Urnersee aufgeschüttet. Ein Drittel wurde zu Beton verarbeitet und kam gleich wieder im Tunnel zum Einsatz.
Während sich die Bohrmaschinen durchs Gestein frästen, wurde der Tunnel direkt dahinter ausgebaut und abgedichtet. Eine “logistische Herausforderung”, nennt Amberg das.
Folgende Verbindungen werden künftig durch den Gotthard-Basistunnel führen:
- Zürich-Milano (EC, alle 2 Stunden)
- Zürich-Lugano (IC, alle 2 Stunden)
- Basel-Lugano (IC, alle 2 Stunden)
- Zürich-Venezia (EC, ein Zug pro Tag, neue Verbindung)
- Basel-Luzern-Milano (EC, ein Zug pro Tag, neue Verbindung)
Eine direkte Zugverbindung von Frankfurt am Main nach Mailand soll es ab 2018 geben. “Derzeit laufen Gespräche zwischen der DB, den SBB und der italienischen Trenitalia”, sagt die Bahnsprecherin. “Genaueres können wir aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.” Auch Peter Jedelhauser, Leiter der Projektorganisation bei den SBB, bestätigte Pläne für die Direktverbindung, die nötigen Verträge seien aber noch nicht unterzeichnet.